Hallo, ich bin Richard, 21 Jahre alt und komme aus der Nähe von Hannover.
Nach meinem Abitur vor zwei Jahren dachte ich, dass ich genau weiß wohin die Reise für mich geht. Ein Wirtschaftsstudium in den USA. Während meines Bewerbungsprozesses machte ich einen Bundesfreiwilligendienst in einer Kirche, der mein Leben auf den Kopf gestellt hat. Nicht nur fand ich zum Glauben an Gott, sondern auch meine gesamte Wertevorstellung änderte sich so rapide, dass ich mich ein weiteres Jahr neu orientieren musste. Bei der Neuausrichtung half mir dann meine Bibelschule, die ich ein Jahr lang besuchte. Das dort erworbene Wissen darf ich jetzt in Afrika umsetzen.
Monatelang musste ich darauf warten, endlich in Südafrika einreisen zu können und dann ging alles ganz schnell. Der Flug wurde gebucht und es hieß für mich Koffer packen. Gleich am ersten Tag ging es für mich direkt in den Township. Dort bekam ich einen ersten Einblick in die Arbeit, die ich jeden Dienstag machen darf. Dort treffen ein paar südafrikanische Volontäre und ich uns mit Jungs zwischen 9-17 Jahren aus dem Township. Die Nachmittage sind meist so gestaltet, dass wir zu Beginn Spiele spielen, um das Eis zu brechen. Anschließend gibt einen kurzen Input, zum Beispiel zum Thema Identität. Mein erster Gedanke war: „Wie soll ich denn mit so vielen Kindern, die aus einer anderen Kultur kommen, umgehen und Beziehung aufbauen?“ Diese Frage stellt sich mittlerweile nicht mehr für mich. Über die letzten Wochen haben wir (Teammitglieder und die Jungs) uns gegenseitig ins Herz geschlossen. Es ist jedes Mal ein besonderer Moment für mich, wenn ich die Jungs wiedersehe und die Freude in ihren Gesichtern deutlich zu erkennen ist.
An den anderen Arbeitstagen helfe ich im Clever Kids Homework Center mit. Dort half ich in den vergangenen Wochen den Siebtklässlern beim Vorbereiten auf Examen. Mein altes (Schul)-Wissen wurde hierbei ordentlich auf die Probe gestellt. Da ich zum Abschluss des Schuljahres dazukam und die Kinder sich mitten in einer Prüfungsphase befanden, musste fast jeden Tag eine Unterrichtseinheit zu einem neuen Thema improvisiert werden. Was anfänglich schwierig für mich war, ist mittlerweile zu einem angenehmen Ablauf geworden. Ich freue mich, die siebte Klasse unterrichten zu dürfen. Vor allem, da sich meine Arbeit nicht nur auf das Unterrichten beschränkt, sondern ich auch immer mal wieder vertraute Gespräche mit den Kindern führen kann. Von ihren Sorgen zu hören, sie gleichzeitig prägen und ihnen gute Werte mitgeben zu dürfen, ist ein Geschenk für mich.
Nach der Arbeit stellt sich meist nicht die Frage, ob wir noch etwas unternehmen könnten, da die schier unzähligen Möglichkeiten einem alle Türen öffnen. Der Raum Kapstadt hat so viel zu bieten, dass wir als Volontäre nahezu jeden Tag etwas Neues erleben und uns dazu zwingen müssen, auch mal eine Pause einzulegen. So komisch es klingen mag… eine meiner größten Herausforderungen waren nicht die Arbeit oder die Konfrontation mit Armut, sondern einfach mal nichts zu tun und die Ruhe zu genießen.
Aber natürlich fällt mir das in Kapstadt schwer: Ich liebe die Natur und hier ist sie atemberaubend: Seien es die meterhohen Wellen, die an manchen Stränden auf Felsen hereinbrechen, kilometerlange Sandstrände, malerische Sonnenuntergänge oder die Berglandschaften, die sich soweit das Auge reicht, erstrecken. An der Schönheit dieses Landes kann ich mich oft nicht sattsehen und finde es umso unglaublicher, dass ich das Privileg habe hier für fünf weitere Monate zu leben.
Ein Monat ist bereits vorbei und ich habe wundervolle Erfahrungen gesammelt, die ein Leben lang bleiben werden. Es ist spannend sich die Frage zu stellen, was die nächsten fünf Monate noch bringen werden, aber ich bin zuversichtlich, dass sie für mich, mein Umfeld und für die Kinder eine prägende und unvergessliche Zeit werden.